Mann sitzt vor geöffnetem Notebook

Shitstorm – Wenn der soziale Sturm losbricht

Mir ist das sicherlich schon ein paar dutzend Mal passiert. Bei einem Plausch mit Freunden zum Beispiel: Eine Aussage fällt, voreilig und ohne darüber nachzudenken, ob sie jemanden verletzen könnte. Oder ob sie inhaltlich korrekt sein könnte. Oft eine unangenehme Situation. Gut nur, dass wirkliche Freunde solche Fehltritte zumeist vergeben, adrett überhören oder schlimmstenfalls zur Belustigung pointieren. Auch gut, dass in solchen Fällen die Zuhörerschaft klein und das Erinnerungsvermögen begrenzt ist. Schnell sind solche Aussagen vergeben, vergessen – Schwamm drüber.

Wie es dazu kommt

Problematisch wird es, wenn Aussagen, Aktionen oder Standpunkte in der Öffentlichkeit vertreten werden, die nicht mit dem Verständnis einer größeren Masse in Einklang stehen. Ein Werteverstoß eben. Hier gelten andere Regeln als im geschützten Kreis von Freunden und Verwandten. Schnell kann ein Lauffeuer entstehen, das auch bisher Unbeteiligte sehr emotional bindet. Mit dem Aufkommen von Kommunikationskanälen im Internet, wie Social Media und der Bloggerszene, sind Plattformen entstanden, auf denen sich schnell eine Vielzahl an Befürwortern oder Gegnern zu einem Thema zusammenfinden kann. Gibt es viele Gegner zu besagtem Thema, wird von einem Shitstorm gesprochen. Dieser zeichnet sich durch sehr emotionale, sehr negative und mitunter sogar hasserfüllte Reaktionen aus. Solche Stürme der Entrüstung sind meist Strohfeuer die genau so schnell, wie sie entstanden sind, auch wieder verebben. Aber sie brennen sehr hell und heiß und die Schäden, die sie anrichten können, sind mitunter katastrophal.

Schäden durch einen Shitstorm

Wie bei einem realen Unwetter auch, trifft es die kleinen und schwachen Sträucher stärker als große Bäume. Diese halten den Böen des brausenden Windes leichter stand. Dementsprechend bekommen in der Online-Welt kleine Unternehmen und Einzelpersonen Probleme früher und stärker zu spüren als große Marken mit eigenen Marketingabteilungen und Social Media Beratern.

Untersuchungen haben sogar gezeigt, dass große Unternehmen solange keinen Einfluss eines Shitstorms auf ihre Marken-Awareness fürchten müssen, solange sich dieser auf den Social Media Bereich beschränkt. Greifen jedoch Nachrichtenagenturen und Medien den Shitstorm auf und berichten von der fortlaufenden Entrüstung im sozialen Netz, können auch große Unternehmen dem Shitstorm zum Opfer fallen und starke Einbußen im Marken-Image erleiden. Es sind daher Große wie Kleine daran interessiert, keinen Shitstorm loszutreten.

Kleine Unternehmen kämpfen oft schon bei den geringsten Anzeichen eines Shitstorms. Das Image leidet und neben der psychischen Belastung ist auch ein Rückgang von Kundenzahlen durchwegs realistisch.

Die psychische Belastung trifft Einzelpersonen am stärksten und eine mögliche Bedrohung am direktesten. Oft ist die Gewalt eines solchen Shitstorms für die Beteiligten so unerträglich, dass sie sich komplett aus den jeweiligen Netzen zurückziehen und isolieren. Auslöser für einen Shitstorm bei Individuen sind meist falsch interpretierte Anonymitätsverständnisse im Social Media.

Sturm Prävention

Der beste Shitstorm ist der, der nicht entsteht. Na klar, aber was tun, damit er nicht entsteht? Klare Antwort: Nichts! Wichtig ist vor allem zu akzeptieren, dass – egal welche Anstrengungen zur Prävention Sie unternehmen – nie alle möglichen Gründe und Ursachen ausgeschlossen werden können. Ob ein Shitstorm entsteht oder nicht, ist nicht eine Frage des WENN, sondern des WANN. Das Risiko, sich im sozialen Netz mit Meinungen und Weltanschauungen anzufeinden, ist ständig präsent. Nie können alle Gemüter befriedigt werden und immer gibt es jemanden, der das nicht mag, was jemand schreibt. Ein einzelner Auslöser ist oft nicht erkennbar oder gar vorhersehbar. Ein Shitstorm jederzeit möglich. Das bedeutet natürlich nicht, dass jetzt alle Social Media Aktivitäten tabu sein sollten, Zimmer verdunkelt werden müssen und nur noch Flüsterton erlaubt ist. Nein!

Es bedeutet, dass die Soziale Welt bewusst und überlegt beschritten werden muss. Eine einfache Möglichkeit, um grobe Ausrutscher im sozialen Netz zu vermeiden, ist das 4 Augen Prinzip: Jeder geplante Beitrag muss von mindestens einer zweiten Person gesehen und freigegeben werden, bevor er publiziert wird. Das reduziert das Risiko, unbeabsichtigt negative Reaktionen durch ungeschickte Formulierungen oder Aussagen hervorzurufen.

Was tun, wenn es schon stürmt im Netz?

Wenn trotz aller Bemühungen Gewitterwolken aufziehen und es zu stürmen beginnt, helfen ein paar einfache Regeln, um nicht vom Blitz getroffen zu werden:

  • Zeit: Die Reaktionszeit vom ersten Aufflammen einer negativen Reaktion bis zur Antwort darauf ist entscheidend. Je kürzer die verstrichene Zeit, desto eher kann die Welle der Entrüstung gebremst werden. Social Media Monitoring ist also ein lebenswichtiger Punkt in der Shitstorm-Prävention.
  • Der erste Kontakt: Wer in einer brenzligen Situation hektisch Unüberlegtes tut, macht meist Schlimmes nur noch schlimmer. Besser ist es zu überlegen, wie auf negative Bewertungen, Anfragen und Mitteilungen reagiert werden soll. Auch wenn jede Situation besonders und für sich zu bewerten ist, gibt es doch gewisse Standardprozedere, die schon vorweg überlegt werden können. Ein Notfallplan kann sich als äußerst nützlich erweisen: Wer ist wann wofür verantwortlich. Auch Standardaussagen zu den erwarteten Standard-Kritikpunkten können vorab festgelegt werden.
  • Sprache: Durch einfache Sprachregelungen können Unternehmens-Reaktionen im Krisenfall immer adäquat und einheitlich bleiben. So sollte geklärt werden, ob geduzt oder gesiezt, gefachsimpelt oder für den einfacheren Bürger verständlich gesprochen wird und vor allem, ob die Unternehmenssprache des Alltags auch im Krisenfall Gültigkeit hat.
  • Herangehensweise: Gehen die Wogen hoch, ist es hilfreich, sachlich und freundlich zu bleiben. Eine ehrliche Entschuldigung und, im berechtigten Fall, das Versprechen, es nächstes Mal besser zu machen, kann in vielen Fällen Wind aus den Segeln nehmen. Wer hingegen uneinsichtig, aggressiv, beleidigend oder voreingenommen reagiert, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Situation weiter verschlimmern. Einige werden sich nun denken: „Na gut, dann eben gar keine Reaktion.“ Frei nach dem Motto: „Augen zu und durch.“ Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass dadurch die Betroffenen sehr oft noch mehr in Rage geraten und noch lauter zu schreien beginnen, um sich Gehör zu verschaffen. Also auch nicht gut.

Und zum Schluss

Wer mit Bedacht im sozialen Netz arbeitet und nicht blindlings um sich schlägt, wird es vermutlich nie zu Gesicht bekommen, das große böse Shitstorm Monster. Die Gefahr lässt sich abwehren, verhindern und minimieren. Und wenn es doch einmal auf euch kommt, dann lauft nicht davon. Nur wer sich wacker gegen die Böen legt, kann den Sturm bezwingen, ohne davongeblasen zu werden. Eines jedenfalls ist klar: Bei aller Heftigkeit, mit der ein Shitstorm über einen hinwegfegen kann, und egal wie tief und dunkel die Wolken auch hängen, alles hat einmal ein Ende, nichts währt für die Ewigkeit und irgendwann wird die Sonne wieder scheinen.